Donnerstag, 25. Februar 2010

Passverlängerung einmal anders: Wie verbringt man zwei Stunden in der Deutschen Botschaft in Lima?

Haben Sie schon einmal versucht, Ihren Reisepass in der Deutschen Botschaft in Lima zu verlängern? Genauer gesagt einen so genannten Dienstpass des Auswärtigen Amtes? Eigentlich könnte man glauben, dass dies eine Angelegenheit von fünf Minuten sei. Doch Bürokratendschungel, Sicherheitsauflagen und IT-Technik machen daraus einen Strich durch die Rechnung.

Wie soll es normalerweise funktionieren? Sie vereinbaren einen Termin, bereiten Ihre Unterlagen vor und fahren zur Botschaft. Dort werden Ihre biometrischen Passbilder abgescannt, ebenfalls Ihre Fingerabdrücke anhand eines speziellen Fingerabdruckscanners. Alles in Echtzeit an das Auswärtige Amt nach Berlin versendet und fertig.

Dass genau dieselben Bilder ein halbes Jahr vorher in Deutschland eingecannt wurden, spielt natürlich keine Rolle. Sie bedanken sich beim zuständigen Mitarbeiter und freuen sich auf Ihre Verabredung in einem dieser phantastischen Fischrestaurants mit einem gekühlten trockenen Weißwein in der peruanischen Hauptstadt.

Soweit die Theorie. In der Praxis jedoch sieht eine Dienstpassverlängerung etwas anders aus!

Die Deutsche Botschaft in Lima liegt an der Avenida Arequipa. Diese Straße ist eine der meistbefahrenen Straßen in Lima und führt ins eigentliche Zentrum der Stadt, zum Parque Central im Stadtteil Miraflores.

Die Visa- und Passabteilung befindet sich circa zwanzig Meter vom Haupteingang entfernt, natürlich mit dicken Eisengittern versehen. An der massigen Mauer wurde eine Klingel mit einem Minilautsprecher angebracht. Falls sich nach Betätigung des Klingelknopfes überhaupt jemand meldet, müssen Sie Ihr Ohr direkt an den Minilautsprecher förmlich andrücken, um irgendwelche Bruchstücke an Lauten des Botschaftspersonals zu vernehmen. Das liegt daran, dass an Ihnen Micro-Taxis und Lastwagen en masse vorbeirauschen, die zum Teil noch aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts stammen und einen teuflischen Lärm machen.

Wenn endlich ein Mitglied des einheimischen Botschaftspersonals Gnade walten lässt und nach fünf Minuten erscheint, werden Ihnen durch das Gitter in einem barschen Ton die Dienstpässe abgenommen und man lässt Sie ganze zwanzig Minuten auf der vielbefahrenen Avenida Arequipa stehen. Ein demütigender Vorgang für alle Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland.

Nach dieser gefühlten halben Ewigkeit wird Ihnen die Eisentür geöffnet. Sie müssen Ihren Rucksack und Ihr Handy abgeben.

Wenn Sie nun die Visa-Abteilung betreten, sehen Sie einige Stuhlreihen. Da sich niemand dort aufhält (20 Minuten auf der Straße gewartet!!!), werden wir überraschenderweise sofort durch eine Tür in einen Raum geleitet. In diesem circa 3 Quadratmeter mit lediglich einem Stuhl ausgestatteten großen Raum begrüßt uns eine hinter Panzerglas (!!!) sitzende Mitarbeiterin. Wir quetschen uns zu zweit auf diesen Stuhl. Glauben Sie im Ernst, dass irgendjemand Anstalten gemacht hätte, uns einen zweiten Stuhl anzubieten? Irgendwann verspüre ich dann doch das Ziehen im Kreuz und ich hole einen zweiten Stuhl aus dem Warteraum, natürlich unter argwöhnischer Beobachtung des einheimischen Botschaftspersonals.

Als wir durch eine Schiebeschublade unsere Unterlagen abgeben, streikt der Scanner. Er will partout unsere auf ein offizielles Papier geklebten biometrischen Passbilder nicht lesen. Hhhmmm....woran kann dieser Fehler wohl liegen? Vielleicht an diesem Uralt-Computer? Kennen sie noch diese flachen, metallumsponnenen Siemens-Fujitsu-Desktops? Vor zehn Jahren oder so gebaut worden und haben eine Menge Geld gekostet. Das ist zumindest mein erster Gedanke. So, so, mit solchen alten Mühlen muss die Ministeriumselite unseres Landes noch arbeiten. Dabei würden die Leute schon für 200 Dollar einen Hochgeschwindigkeits-PC im Vergleich dazu bekommen.

Die Mitarbeiterin hinter dem Panzerglas zieht unsere Fotos ab und legt sie auf ein neues Formular. Das klappt auch nicht. Also zaubert sie noch ein Formular hervor, was zu demselben Ergebnis führt. Nach einigen weiteren Versuchen – die Fotos leiden natürlich darunter – ruft sie einen IT-Spezialisten an. In der Zwischenzeit meint sie, dass es an den Fotos läge. Aber gute Frau, das sind doch die gleichen Fotos wie in dem Dienstpass. In Berlin klappte es doch schließlich auch. Sie holt eine offizielle Schablone heraus, um uns den Sachverhalt mit den Passfotos zu verdeutlichen. Als letzte Waffe nimmt sie ein angeblich biometrisches Passbild aus der Schublade und versucht, dieses Bild einzuscannen. Das Resultat: Sie wissen schon.......negativ.

Als der IT-Spezialist circa acht Minuten später immer noch nicht kommt, greift sie erneut zum Hörer. Es dauert wiederum ganze zehn Minuten, bis er eintrudelt. „Überraschenderweise“ kann er das Scan-Problem nicht lösen. Er greift zum Telefonhörer, um einen anderen IT-Spezialisten zu konsultieren. Der ganze Vorgang dauert wiederum circa 20 Minuten und Sie können sich sicherlich vorstellen, dass wir ein wenig ungehalten werden, weil unser Date im Fischrestaurant in immer weitere Ferne rückt.

Irgendwie kommt der IT-Spezialist mit seinem ferngesteuerten IT-Spezialisten ebenfalls nicht voran. Nach weiteren zwanzig Minuten kramt unsere Mitarbeiterin ein anderes Formular hervor, welches nur für biometrische Pässe gedacht ist. Sie klebt unsere mittlerweile vom vielen Wechseln malträtierten Passfotos auf die Formulare und siehe da, es klappt (falsches Formular?). Sie ist verdutzt, wir sind verdutzt und der IT-Spezialist ist auch verdutzt, und darf wieder in seinen IT-Raum gehen. Er hat bestimmt eine Menge zu tun.

Wir legen unsere Zeigefinger auf den Fingerabdruckscanner (das hat anstandslos geklappt; keine Meldung von Interpol über uns) und dürfen nach geschlagenen zwei Stunden die Botschaft mit Handy und Rucksack verlassen. Bei dieser Zeitverzögerung müssen wir einsehen, dass das Panzerglas einen komplett neuen Sinn erhält.

Für das Fischrestaurant ist es natürlich zu spät. Aber Mc Donalds hat ja Gott sei Dank geöffnet. Zum Schluß wissen wir wirklich nicht mehr, ob wir auf der Berliner Ausländerbehörde die Zeit totgeschlagen haben oder bei der Deutschen Botschaft in Lima.

Und wir bedauern die Normalperuaner. Wenn Botschaftsangehörige schon derart nachlässig mit Landsleuten umgehen, die im Besitz eines Dienstpasses des Auswärtigen Amtes sind, welche Umgangsformen haben dann die Mitarbeiter gegenüber jenen, die bei der Botschaft ein Visum für Deutschland beantragen?

Und aus eigener Erfahrung wissen wir nun, dass es einfacher ist, in das Auswärtige Amt in Berlin hineinzukommen als in die Deutsche Botschaft in Lima.

Vielen Dank für die Geduld und bis zum nächsten Mal.

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