Haben Sie schon einmal versucht, Ihren Reisepass in der Deutschen Botschaft in Lima zu verlängern? Genauer gesagt einen so genannten Dienstpass des Auswärtigen Amtes? Eigentlich könnte man glauben, dass dies eine Angelegenheit von fünf Minuten sei. Doch Bürokratendschungel, Sicherheitsauflagen und IT-Technik machen daraus einen Strich durch die Rechnung.
Wie soll es normalerweise funktionieren? Sie vereinbaren einen Termin, bereiten Ihre Unterlagen vor und fahren zur Botschaft. Dort werden Ihre biometrischen Passbilder abgescannt, ebenfalls Ihre Fingerabdrücke anhand eines speziellen Fingerabdruckscanners. Alles in Echtzeit an das Auswärtige Amt nach Berlin versendet und fertig.
Dass genau dieselben Bilder ein halbes Jahr vorher in Deutschland eingecannt wurden, spielt natürlich keine Rolle. Sie bedanken sich beim zuständigen Mitarbeiter und freuen sich auf Ihre Verabredung in einem dieser phantastischen Fischrestaurants mit einem gekühlten trockenen Weißwein in der peruanischen Hauptstadt.
Soweit die Theorie. In der Praxis jedoch sieht eine Dienstpassverlängerung etwas anders aus!
Die Deutsche Botschaft in Lima liegt an der Avenida Arequipa. Diese Straße ist eine der meistbefahrenen Straßen in Lima und führt ins eigentliche Zentrum der Stadt, zum Parque Central im Stadtteil Miraflores.
Die Visa- und Passabteilung befindet sich circa zwanzig Meter vom Haupteingang entfernt, natürlich mit dicken Eisengittern versehen. An der massigen Mauer wurde eine Klingel mit einem Minilautsprecher angebracht. Falls sich nach Betätigung des Klingelknopfes überhaupt jemand meldet, müssen Sie Ihr Ohr direkt an den Minilautsprecher förmlich andrücken, um irgendwelche Bruchstücke an Lauten des Botschaftspersonals zu vernehmen. Das liegt daran, dass an Ihnen Micro-Taxis und Lastwagen en masse vorbeirauschen, die zum Teil noch aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts stammen und einen teuflischen Lärm machen.
Wenn endlich ein Mitglied des einheimischen Botschaftspersonals Gnade walten lässt und nach fünf Minuten erscheint, werden Ihnen durch das Gitter in einem barschen Ton die Dienstpässe abgenommen und man lässt Sie ganze zwanzig Minuten auf der vielbefahrenen Avenida Arequipa stehen. Ein demütigender Vorgang für alle Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland.
Nach dieser gefühlten halben Ewigkeit wird Ihnen die Eisentür geöffnet. Sie müssen Ihren Rucksack und Ihr Handy abgeben.
Wenn Sie nun die Visa-Abteilung betreten, sehen Sie einige Stuhlreihen. Da sich niemand dort aufhält (20 Minuten auf der Straße gewartet!!!), werden wir überraschenderweise sofort durch eine Tür in einen Raum geleitet. In diesem circa 3 Quadratmeter mit lediglich einem Stuhl ausgestatteten großen Raum begrüßt uns eine hinter Panzerglas (!!!) sitzende Mitarbeiterin. Wir quetschen uns zu zweit auf diesen Stuhl. Glauben Sie im Ernst, dass irgendjemand Anstalten gemacht hätte, uns einen zweiten Stuhl anzubieten? Irgendwann verspüre ich dann doch das Ziehen im Kreuz und ich hole einen zweiten Stuhl aus dem Warteraum, natürlich unter argwöhnischer Beobachtung des einheimischen Botschaftspersonals.
Als wir durch eine Schiebeschublade unsere Unterlagen abgeben, streikt der Scanner. Er will partout unsere auf ein offizielles Papier geklebten biometrischen Passbilder nicht lesen. Hhhmmm....woran kann dieser Fehler wohl liegen? Vielleicht an diesem Uralt-Computer? Kennen sie noch diese flachen, metallumsponnenen Siemens-Fujitsu-Desktops? Vor zehn Jahren oder so gebaut worden und haben eine Menge Geld gekostet. Das ist zumindest mein erster Gedanke. So, so, mit solchen alten Mühlen muss die Ministeriumselite unseres Landes noch arbeiten. Dabei würden die Leute schon für 200 Dollar einen Hochgeschwindigkeits-PC im Vergleich dazu bekommen.
Die Mitarbeiterin hinter dem Panzerglas zieht unsere Fotos ab und legt sie auf ein neues Formular. Das klappt auch nicht. Also zaubert sie noch ein Formular hervor, was zu demselben Ergebnis führt. Nach einigen weiteren Versuchen – die Fotos leiden natürlich darunter – ruft sie einen IT-Spezialisten an. In der Zwischenzeit meint sie, dass es an den Fotos läge. Aber gute Frau, das sind doch die gleichen Fotos wie in dem Dienstpass. In Berlin klappte es doch schließlich auch. Sie holt eine offizielle Schablone heraus, um uns den Sachverhalt mit den Passfotos zu verdeutlichen. Als letzte Waffe nimmt sie ein angeblich biometrisches Passbild aus der Schublade und versucht, dieses Bild einzuscannen. Das Resultat: Sie wissen schon.......negativ.
Als der IT-Spezialist circa acht Minuten später immer noch nicht kommt, greift sie erneut zum Hörer. Es dauert wiederum ganze zehn Minuten, bis er eintrudelt. „Überraschenderweise“ kann er das Scan-Problem nicht lösen. Er greift zum Telefonhörer, um einen anderen IT-Spezialisten zu konsultieren. Der ganze Vorgang dauert wiederum circa 20 Minuten und Sie können sich sicherlich vorstellen, dass wir ein wenig ungehalten werden, weil unser Date im Fischrestaurant in immer weitere Ferne rückt.
Irgendwie kommt der IT-Spezialist mit seinem ferngesteuerten IT-Spezialisten ebenfalls nicht voran. Nach weiteren zwanzig Minuten kramt unsere Mitarbeiterin ein anderes Formular hervor, welches nur für biometrische Pässe gedacht ist. Sie klebt unsere mittlerweile vom vielen Wechseln malträtierten Passfotos auf die Formulare und siehe da, es klappt (falsches Formular?). Sie ist verdutzt, wir sind verdutzt und der IT-Spezialist ist auch verdutzt, und darf wieder in seinen IT-Raum gehen. Er hat bestimmt eine Menge zu tun.
Wir legen unsere Zeigefinger auf den Fingerabdruckscanner (das hat anstandslos geklappt; keine Meldung von Interpol über uns) und dürfen nach geschlagenen zwei Stunden die Botschaft mit Handy und Rucksack verlassen. Bei dieser Zeitverzögerung müssen wir einsehen, dass das Panzerglas einen komplett neuen Sinn erhält.
Für das Fischrestaurant ist es natürlich zu spät. Aber Mc Donalds hat ja Gott sei Dank geöffnet. Zum Schluß wissen wir wirklich nicht mehr, ob wir auf der Berliner Ausländerbehörde die Zeit totgeschlagen haben oder bei der Deutschen Botschaft in Lima.
Und wir bedauern die Normalperuaner. Wenn Botschaftsangehörige schon derart nachlässig mit Landsleuten umgehen, die im Besitz eines Dienstpasses des Auswärtigen Amtes sind, welche Umgangsformen haben dann die Mitarbeiter gegenüber jenen, die bei der Botschaft ein Visum für Deutschland beantragen?
Und aus eigener Erfahrung wissen wir nun, dass es einfacher ist, in das Auswärtige Amt in Berlin hineinzukommen als in die Deutsche Botschaft in Lima.
Vielen Dank für die Geduld und bis zum nächsten Mal.
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Donnerstag, 25. Februar 2010
Samstag, 20. Februar 2010
Hartz IV – Warum Westerwelle Recht hat und doch wieder nicht! (Keine Satire!)
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Hartz-IV-Sätze als grundgesetzwidrig erklärt hatte, platzte FDP-Chef Guido Westerwelle der Kragen. In einem Beitrag der Tageszeitung „Die Welt“ kritisierte er den Sozialstaat Deutschland als Missachtung der Mitte.
In Deutschland gebe es nur noch Bezieher von Steuergeld, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wer für diese Leistungen aufzukommen hätte. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspreche, lade zu spätrömischer Dekadenz ein. Zu guter letzt trage die Diskussion um das Hartz-IV-Urteil sozialistische Züge. Westerwelle und sein Generalsekretär Christian Lindner haben diese Aussagen mehrmals bekräftigt.
Hat Westerwelle mit seiner Kritik Recht? Wenn man von dem ziemlich schroffen Ton des „eigentlichen“ Bundesaußenministers absieht, kann man zunächst zu folgendem Schluß kommen: ein eindeutiges Ja einerseits.
Überfrachtung des Sozialstaats
Eine alleinerziehende Mutter erhält vom Staat circa 1500 Euro (zwei Kinder, inklusive Miete). Eingedenk der Tatsache, dass die Löhne seit 1995 stetig in Deutschland sinken (in Großbritannien sind sie um 25 % gestiegen), besteht nur für wenige Personen dieser Zielgruppe ein Anreiz, sich eine Arbeitsstelle auf dem ersten Arbeitsmmarkt zu suchen.
Dies gilt auch für eine vierköpfige Familie die Leistungen nach dem SGB II (Hartz-IV) bezieht. Zieht man alle direkten und indirekten Zuwendungen hinzu, kann man durchaus auf einen Betrag zwischen 1600 und 2000 Euro kommen. In Berlin bezahlte das zuständige Jobcenter vor einigen Jahren sogar einen Betrag von 2200 Euro aus.
Hinzu kommen diverse Zusatzleistungen: vergünstigtes Ticket für den öffentlichen Nahverkehr, keine Zuzahlungen bei der Krankenversicherung, kostenloser Besuch in staatlichen Museen, verbilligte Eintrittskarten für Theater oder Sportveranstaltungen etc. etc.
Für viele oder sogar für die meisten Zuwendungsempfänger lohnt es nicht, sich eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu suchen. Welcher seine Familie ernährende Handwerker verdient beispielsweise 2000 Euro netto? Ein Theaterbesuch oder ein Besuch einer Sportveranstaltung bei einem viel geringeren Verdienst fällt für ihn ins Reich der Utopie! Wer nicht arbeitet, kann mehr in der Tasche haben als derjenige, der arbeitet!
Guido Westerwelle hat diesbezüglich die Schwachstelle des bundesdeutschen Sozialsystems gnadenlos aufgedeckt. Dies ist im Übrigen auch der eigentliche Grund, warum die gesellschaftlichen und medialen Kräfte der Republik so empfindsam und empörend darauf reagiert haben.
Was Westerwelle verschweigt
Warum hat der FDP-Chef gleichzeitig Unrecht? Er macht keine konkreten Angaben darüber, wie das Problem behoben werden kann. Hierin liegt die große Schwachstelle seiner „Aussagen“!
Zum einen ist sein Vergleich der „spätrömischen Dekadenz“ ein ahistorischer Vergleich. Das römische Imperium ging Ende des fünften Jahrhunderts nicht unter, weil eine Armada von Plebejern faul in der Hängematte lag und sich vor Arbeit drückte.
Es existierte vielmehr eine ähnliche Situation wie heute in der Bundesrepublik Deutschland: das Reich lebte seit vielen Jahrzehnten auf Pump. Die oberen Schichten drückten sich vor Reformen, weil sie ihre Privilegien nicht verlieren wollten.
Insofern hätte Westerwelle mit seiner Kritik nicht die Hartz-IV-Empfänger ins Visier nehmen dürfen, sondern die politische Klasse des Landes, die Banker, die Beamten oder die Subventionsmentalität in Deutschland. Diese Gruppierungen scheuen ebenfalls Reformen wie der Teufel das Weihwasser. Dazu gehören selbstverständlich auch große Teile der Mittelschicht.
Es ist mir unerklärlich, warum die Mitarbeiter des FDP-Vorsitzenden diesen Vergleich zogen und es spricht nicht für Westerwelle selbst, dies bei Durchsicht des Textes übersehen zu haben.
Zweitens begibt er sich auf dünnes Eis, indirekt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu kritisieren.
In Deutschland gehört das Sozialstaatsprinzip neben dem Rechtsstaats-, dem Bundesstaats- und dem Demokratieprinzip zur Grundlage der Verfassungsordnung. Das Gericht kontrolliert in regelmäßigen Abständen die Höhe des Existenzminimums.
Neben der Menschenwürde und den Menschenrechten legt das Grundgesetz in Artikel 79 Abs. 3 GG das Sozialstaatsprinzip als ewig geltendes Recht fest (Ewigkeitsklausel). D.h. es kann durch keine Grundgesetzänderung verändert werden. Daraus folgt, dass niemand gegen die de facto Erhöhung der SGB-II-Zuwendungen durch das Bundesverfassungsgerichts angehen kann. Die Politik muss direkt oder indirekt die Zuwendungen erhöhen. Und genau diesen Sachverhalt verschweigt Guido Westerwelle und drückt sich davor, konkrete Alternativen zu benennen.
Drittens spricht sich die FDP vehement gegen Mindeslöhne aus. Wenn die Löhne aber auf dem freien Markt – besonders im Niedriglohnsektor – weiter sinken (oder so bleiben) und die sozialen Zuwendungen nach dem jüngsten Urteil erhöht werden müssen, lohnt sich in verschärfter Form Arbeit nicht. In keinem anderen OECD-Land ist der Anteil der Niedrigverdienenden so groß wie in Deutschland.
Alles in allem ist das verfassungsrechtliche Korsett somit sehr eng gezurrt. Was bleibt also zu tun, wenn die Sozialleistungen de facto bzw. de jure nicht gekürzt werden dürfen?
Konservative und liberale Kreise sprechen sich in den letzten Wochen für eine verstärkte „Zwangsrekrutierung“ von Langzeitarbeitslosen aus. Hierfür kämen meistens nur die Kommunen in Frage, weil viele Arbeitslose nicht vermittelbar sind. Die Kommunen selber würden gerne bei klammen Kassen ihre Schulen sanieren oder ihre öffentlichen Plätze durch Zuwendungsempfänger säubern lassen.
Doch hier tritt für die Liberalen eine Art Quadratur des Kreises ein! Setzen sie eine Art von Zwangsarbeit durch, verlieren kleine und mittelständische Betriebe ihre kommunallen Aufträge und es stünde uns in der Republik eine Entlassungswelle bevor. Dies kann nicht im Sinne einer liberalen Wirtschaftspolitik sein.
Auch das liberale Konzept eines Bürgergeldes ist keine Alternative. Das Bürgergeld forciert erst recht den Anreiz, sich keine Arbeit mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt zu suchen, weil die Leistungen in der Regel noch höher veranschlagt werden als bei Hartz-IV. Der ehemalige CDU-Ministerpräsident Thüringens, Dieter Althaus, sprach sich in einer CDU-Programmkommission vor einigen Jahren für 800 Euro im Monat aus. Die FDP hatte ähnliches vorgesehen.
Eine „liberale Revolution“ mit einer neuen – das Sozialstaatsprinzip ausradierenden – Verfassung. "Verfassungsrevolutionen" müssen freilich mit einer überwiegenden Mehrheit der politischen und gesellschaftlichen Kräfte initiiert werden. Eine irreale Vorstellung ergo.
Die Anhänger der sogenannten Mitte könnten darauf warten, dass der Europäische Gerichtshof das Sozialstaatsprinzip der Bundesrepublik Deutschland mit Verweis auf andere Staaten - z.B. Spanien oder Großbritannien - mit den europäischen Verträgen als nicht verfassungskonform erklärt. Eine Variante, die woh theoretischl erst mit einem Bundesstaat „Vereinigtes Europa“ zu verwirklichen wäre, also eventuell niemals eintritt.
Einführung von Mindestlöhnen unerlässlich
Wenn – wie die FDP im Wahlkampf 2009 als Parole ausgab - sich Arbeit wieder lohnen muss, steht sie in der Pflicht, die von ihr abgelehnten Mindestlöhne einzuführen. Es ist der einzige Ausweg, die Schere zwischen Sozialleistungen und Arbeit auf dem freien Markt zu erweitern.
Verschließt sich die Partei weiterhin dieser Lösung, bleibt das Problem bestehen und es werden weiterhin ganze Generationen von sozialen Leistungen leben (sowie der Schwarzarbeit weiter huldigen).
Versuchte sie auf politischem Wege, den Sozialstaat zu beschneiden, würde ihr das Bundesverfassungsgericht in regelmäßigen Abständen einen Strich durch die Rechnung machen. Im übrigen besteht schon seit Einführung der Agenda 2010 die Möglichkeit, die Leistungen für ALG-II-Empfänger zu kürzen. Diese Möglichkeit wird allerdings in den zuständigen Behörden zu selten angewandt.
In den USA existiert ein Mindestlohn, den noch nicht einmal marktradikale Republikaner in Zweifel ziehen. Er führte dazu, dass mittlerweile illegale Einwanderer aus Lateinamerika im Niedriglohnbereich mehr verdienen als Deutsche bei der PinAG oder bei Lidl. Will die FDP wirklich solche Verhältnisse?
Vielen Dank für die Geduld und bis zum nächsten Mal!
Nachschlag: Der Versuch eines Berliner Abgeordneten der FDP-Bundestagsfraktion, eine Diskussion über die Höhe der Leistungen für Zuwendungsempfänger in Gang zu bringen (Kürzung der Sätze), wurde notabene von der FDP-Führung barsch abgewiesen. ( Dabei müssten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes andere Leistungen wieder erhöht werden). Die Frage muss in diesem Zusammenhang gestellt werden: Warum setzt der FDP-Bundesvorsitzende eine Hartz-IV-Diskussion in Gang, wenn sich andererseits die Partei vor konkreten Schritten fürchtet? Oder wie lang sind die Schatten der NRW-Wahl?
In Deutschland gebe es nur noch Bezieher von Steuergeld, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wer für diese Leistungen aufzukommen hätte. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspreche, lade zu spätrömischer Dekadenz ein. Zu guter letzt trage die Diskussion um das Hartz-IV-Urteil sozialistische Züge. Westerwelle und sein Generalsekretär Christian Lindner haben diese Aussagen mehrmals bekräftigt.
Hat Westerwelle mit seiner Kritik Recht? Wenn man von dem ziemlich schroffen Ton des „eigentlichen“ Bundesaußenministers absieht, kann man zunächst zu folgendem Schluß kommen: ein eindeutiges Ja einerseits.
Überfrachtung des Sozialstaats
Eine alleinerziehende Mutter erhält vom Staat circa 1500 Euro (zwei Kinder, inklusive Miete). Eingedenk der Tatsache, dass die Löhne seit 1995 stetig in Deutschland sinken (in Großbritannien sind sie um 25 % gestiegen), besteht nur für wenige Personen dieser Zielgruppe ein Anreiz, sich eine Arbeitsstelle auf dem ersten Arbeitsmmarkt zu suchen.
Dies gilt auch für eine vierköpfige Familie die Leistungen nach dem SGB II (Hartz-IV) bezieht. Zieht man alle direkten und indirekten Zuwendungen hinzu, kann man durchaus auf einen Betrag zwischen 1600 und 2000 Euro kommen. In Berlin bezahlte das zuständige Jobcenter vor einigen Jahren sogar einen Betrag von 2200 Euro aus.
Hinzu kommen diverse Zusatzleistungen: vergünstigtes Ticket für den öffentlichen Nahverkehr, keine Zuzahlungen bei der Krankenversicherung, kostenloser Besuch in staatlichen Museen, verbilligte Eintrittskarten für Theater oder Sportveranstaltungen etc. etc.
Für viele oder sogar für die meisten Zuwendungsempfänger lohnt es nicht, sich eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu suchen. Welcher seine Familie ernährende Handwerker verdient beispielsweise 2000 Euro netto? Ein Theaterbesuch oder ein Besuch einer Sportveranstaltung bei einem viel geringeren Verdienst fällt für ihn ins Reich der Utopie! Wer nicht arbeitet, kann mehr in der Tasche haben als derjenige, der arbeitet!
Guido Westerwelle hat diesbezüglich die Schwachstelle des bundesdeutschen Sozialsystems gnadenlos aufgedeckt. Dies ist im Übrigen auch der eigentliche Grund, warum die gesellschaftlichen und medialen Kräfte der Republik so empfindsam und empörend darauf reagiert haben.
Was Westerwelle verschweigt
Warum hat der FDP-Chef gleichzeitig Unrecht? Er macht keine konkreten Angaben darüber, wie das Problem behoben werden kann. Hierin liegt die große Schwachstelle seiner „Aussagen“!
Zum einen ist sein Vergleich der „spätrömischen Dekadenz“ ein ahistorischer Vergleich. Das römische Imperium ging Ende des fünften Jahrhunderts nicht unter, weil eine Armada von Plebejern faul in der Hängematte lag und sich vor Arbeit drückte.
Es existierte vielmehr eine ähnliche Situation wie heute in der Bundesrepublik Deutschland: das Reich lebte seit vielen Jahrzehnten auf Pump. Die oberen Schichten drückten sich vor Reformen, weil sie ihre Privilegien nicht verlieren wollten.
Insofern hätte Westerwelle mit seiner Kritik nicht die Hartz-IV-Empfänger ins Visier nehmen dürfen, sondern die politische Klasse des Landes, die Banker, die Beamten oder die Subventionsmentalität in Deutschland. Diese Gruppierungen scheuen ebenfalls Reformen wie der Teufel das Weihwasser. Dazu gehören selbstverständlich auch große Teile der Mittelschicht.
Es ist mir unerklärlich, warum die Mitarbeiter des FDP-Vorsitzenden diesen Vergleich zogen und es spricht nicht für Westerwelle selbst, dies bei Durchsicht des Textes übersehen zu haben.
Zweitens begibt er sich auf dünnes Eis, indirekt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
In Deutschland gehört das Sozialstaatsprinzip neben dem Rechtsstaats-, dem Bundesstaats- und dem Demokratieprinzip zur Grundlage der Verfassungsordnung. Das Gericht kontrolliert in regelmäßigen Abständen die Höhe des Existenzminimums.
Neben der Menschenwürde und den Menschenrechten legt das Grundgesetz in Artikel 79 Abs. 3 GG das Sozialstaatsprinzip als ewig geltendes Recht fest (Ewigkeitsklausel). D.h. es kann durch keine Grundgesetzänderung verändert werden. Daraus folgt, dass niemand gegen die de facto Erhöhung der SGB-II-Zuwendungen durch das Bundesverfassungsgerichts angehen kann. Die Politik muss direkt oder indirekt die Zuwendungen erhöhen. Und genau diesen Sachverhalt verschweigt Guido Westerwelle und drückt sich davor, konkrete Alternativen zu benennen.
Drittens spricht sich die FDP vehement gegen Mindeslöhne aus. Wenn die Löhne aber auf dem freien Markt – besonders im Niedriglohnsektor – weiter sinken (oder so bleiben) und die sozialen Zuwendungen nach dem jüngsten Urteil erhöht werden müssen, lohnt sich in verschärfter Form Arbeit nicht. In keinem anderen OECD-Land ist der Anteil der Niedrigverdienenden so groß wie in Deutschland.
Alles in allem ist das verfassungsrechtliche Korsett somit sehr eng gezurrt. Was bleibt also zu tun, wenn die Sozialleistungen de facto bzw. de jure nicht gekürzt werden dürfen?
Konservative und liberale Kreise sprechen sich in den letzten Wochen für eine verstärkte „Zwangsrekrutierung“ von Langzeitarbeitslosen aus. Hierfür kämen meistens nur die Kommunen in Frage, weil viele Arbeitslose nicht vermittelbar sind. Die Kommunen selber würden gerne bei klammen Kassen ihre Schulen sanieren oder ihre öffentlichen Plätze durch Zuwendungsempfänger säubern lassen.
Doch hier tritt für die Liberalen eine Art Quadratur des Kreises ein! Setzen sie eine Art von Zwangsarbeit durch, verlieren kleine und mittelständische Betriebe ihre kommunallen Aufträge und es stünde uns in der Republik eine Entlassungswelle bevor. Dies kann nicht im Sinne einer liberalen Wirtschaftspolitik sein.
Auch das liberale Konzept eines Bürgergeldes ist keine Alternative. Das Bürgergeld forciert erst recht den Anreiz, sich keine Arbeit mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt zu suchen, weil die Leistungen in der Regel noch höher veranschlagt werden als bei Hartz-IV. Der ehemalige CDU-Ministerpräsident Thüringens, Dieter Althaus, sprach sich in einer CDU-Programmkommission vor einigen Jahren für 800 Euro im Monat aus. Die FDP hatte ähnliches vorgesehen.
Eine „liberale Revolution“ mit einer neuen – das Sozialstaatsprinzip ausradierenden – Verfassung. "Verfassungsrevolutionen" müssen freilich mit einer überwiegenden Mehrheit der politischen und gesellschaftlichen Kräfte initiiert werden. Eine irreale Vorstellung ergo.
Die Anhänger der sogenannten Mitte könnten darauf warten, dass der Europäische Gerichtshof das Sozialstaatsprinzip der Bundesrepublik Deutschland mit Verweis auf andere Staaten - z.B. Spanien oder Großbritannien - mit den europäischen Verträgen als nicht verfassungskonform erklärt. Eine Variante, die woh theoretischl erst mit einem Bundesstaat „Vereinigtes Europa“ zu verwirklichen wäre, also eventuell niemals eintritt.
Einführung von Mindestlöhnen unerlässlich
Wenn – wie die FDP im Wahlkampf 2009 als Parole ausgab - sich Arbeit wieder lohnen muss, steht sie in der Pflicht, die von ihr abgelehnten Mindestlöhne einzuführen. Es ist der einzige Ausweg, die Schere zwischen Sozialleistungen und Arbeit auf dem freien Markt zu erweitern.
Verschließt sich die Partei weiterhin dieser Lösung, bleibt das Problem bestehen und es werden weiterhin ganze Generationen von sozialen Leistungen leben (sowie der Schwarzarbeit weiter huldigen).
Versuchte sie auf politischem Wege, den Sozialstaat zu beschneiden, würde ihr das Bundesverfassungsgericht in regelmäßigen Abständen einen Strich durch die Rechnung machen. Im übrigen besteht schon seit Einführung der Agenda 2010 die Möglichkeit, die Leistungen für ALG-II-Empfänger zu kürzen. Diese Möglichkeit wird allerdings in den zuständigen Behörden zu selten angewandt.
In den USA existiert ein Mindestlohn, den noch nicht einmal marktradikale Republikaner in Zweifel ziehen. Er führte dazu, dass mittlerweile illegale Einwanderer aus Lateinamerika im Niedriglohnbereich mehr verdienen als Deutsche bei der PinAG oder bei Lidl. Will die FDP wirklich solche Verhältnisse?
Vielen Dank für die Geduld und bis zum nächsten Mal!
Nachschlag: Der Versuch eines Berliner Abgeordneten der FDP-Bundestagsfraktion, eine Diskussion über die Höhe der Leistungen für Zuwendungsempfänger in Gang zu bringen (Kürzung der Sätze), wurde notabene von der FDP-Führung barsch abgewiesen. ( Dabei müssten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
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Samstag, 6. Februar 2010
100 Tage-Sturzflug oder warum die FDP wirklich ein Krisentreffen braucht! (keine Satire!!!!)
Die Liberalen befinden sich nach ihrem historischen Wahlsieg und 100 Tage nach Regierungsbildung in einer mittelschweren Krise. Der Dauerstreit innerhalb der Koalition und die programmatische "Unschärfe" veranlaßt viele Wähler dazu, sich von der Partei abzuwenden. Zurecht?
Viele Verantwortungsträger der FDP haben nicht begriffen, dass liberale Politik für alle da sein sollte. Eine Gefälligkeitspolitik für bestimmte Bevölkerungsschichten oder Berufssparten darf nicht bestehen.
Ein Beispiel dazu: die Apothekergilde. Wenn marktwirtschaftliche Prozesse für Apotheken ausgesetzt werden, die Partei jedoch sich gleichzeitig als Anwalt der Marktwirtschaft versteht, so merken die Menschen schnell, dass hier etwas nicht stimmt. Zu Lasten des Verbrauchers übrigens. Medikamente kann man in anderen EU-Staaten viel günstiger erwerben.
Ein weiteres Beispiel: viele freie Wählervereinigungen in Baden-Württemberg haben sich liberalen Themen wie der freien Ausschreibung von Bauprojekten oder des kommunalen Subventionsabbaus gewidmet, weil die lokalen FDP-Verbände im Laufe der Jahrzehnte ein Teil der ineffizienten und paternalistischen Kommunalstrukturen geworden sind. Einige FDP-Kommunalpolitker scheinen diese eigentlich urliberalen Wählervereinigungen sogar als Bedrohung zu betrachten, anstatt intensiv mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Man könnte noch unzählige andere Fälle (Pharmaindustrie oder Handwerker/Schutz vor der EU-Konkurrenz) - auch aus den letzten 100 Tagen – anführen. Die Parteiführung muss dies endlich erkennen. Ansonsten wird sie sich in den Ländern und im Bund wieder in der Oppositionsrolle befinden bzw. die fünf-Prozent-Hürde noch nicht einmal überspringen.
Globalisierung und Marktwirtschaft sind keine Tableaus à la carte. Entweder man bekennt sich dazu oder lehnt sie in Gänze ab; lediglich die Filetstücke herausnehmen zu wollen, funktioniert auf Dauer nicht.
Das Motto der Partei darf nicht weiterhin lauten: Wettbewerb, Marktwirtschaft und liberale Politik gilt nur für diejenigen, die nicht zur FDP-Klientel gehören.
Nur wenn die FDP-Führung in den kommenden Tagen einen ernsthaften Richtungswechsel diesbezüglich vollzieht, kann sie noch einige Jahre eine tragende Rolle in der deutschen Politik spielen.
Vielen Dank für die Geduld und bis zum nächsten Mal!
Viele Verantwortungsträger der FDP haben nicht begriffen, dass liberale Politik für alle da sein sollte. Eine Gefälligkeitspolitik für bestimmte Bevölkerungsschichten oder Berufssparten darf nicht bestehen.
Ein Beispiel dazu: die Apothekergilde. Wenn marktwirtschaftliche Prozesse für Apotheken ausgesetzt werden, die Partei jedoch sich gleichzeitig als Anwalt der Marktwirtschaft versteht, so merken die Menschen schnell, dass hier etwas nicht stimmt. Zu Lasten des Verbrauchers übrigens. Medikamente kann man in anderen EU-Staaten viel günstiger erwerben.
Ein weiteres Beispiel: viele freie Wählervereinigungen in Baden-Württemberg haben sich liberalen Themen wie der freien Ausschreibung von Bauprojekten oder des kommunalen Subventionsabbaus gewidmet, weil die lokalen FDP-Verbände im Laufe der Jahrzehnte ein Teil der ineffizienten und paternalistischen Kommunalstrukturen geworden sind. Einige FDP-Kommunalpolitker scheinen diese eigentlich urliberalen Wählervereinigungen sogar als Bedrohung zu betrachten, anstatt intensiv mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Man könnte noch unzählige andere Fälle (Pharmaindustrie oder Handwerker/Schutz vor der EU-Konkurrenz) - auch aus den letzten 100 Tagen – anführen. Die Parteiführung muss dies endlich erkennen. Ansonsten wird sie sich in den Ländern und im Bund wieder in der Oppositionsrolle befinden bzw. die fünf-Prozent-Hürde noch nicht einmal überspringen.
Globalisierung und Marktwirtschaft sind keine Tableaus à la carte. Entweder man bekennt sich dazu oder lehnt sie in Gänze ab; lediglich die Filetstücke herausnehmen zu wollen, funktioniert auf Dauer nicht.
Das Motto der Partei darf nicht weiterhin lauten: Wettbewerb, Marktwirtschaft und liberale Politik gilt nur für diejenigen, die nicht zur FDP-Klientel gehören.
Nur wenn die FDP-Führung in den kommenden Tagen einen ernsthaften Richtungswechsel diesbezüglich vollzieht, kann sie noch einige Jahre eine tragende Rolle in der deutschen Politik spielen.
Vielen Dank für die Geduld und bis zum nächsten Mal!
Dienstag, 2. Februar 2010
Peru – du hast es besser oder warum die Pfandpflicht für Bierdosen in Deutschland auf den Misthaufen der Geschichte gehört! (Satire!!)
Viele meiner Leser wissen vielleicht, dass ich momentan einen etwas längeren Trip in Peru durchlebe. Der verhilft mir zu ganz neuen Eindrücken. So manches Liebgewonnene musste ich auf den Prüfstand stellen. Das tut mir gut, glauben Sie es mir.
Meine Bekannten und Freunde fragen mich ab und zu, was mir denn in Peru am Besten gefällt. Nach einigen Wochen in dem Andenstaat brauche ich überhaupt nicht lange zu überlegen.
Sie werden jetzt sicherlich an die wirklich fantastische Landschaft denken. 80 Prozent aller Klimazonen der Welt sind in Peru vereinigt. Kein Land der Welt kann da mithalten. Oder das mit Abstand beste Essen auf dem ganzen Kontinent. Hier muss man ehrlich aufpassen, nicht zum peruanischen Ottfried Fischer zu werden. Auch die Vielfalt der Kulturen könnte man ohne mit der Wimper zu zucken anbringen. Peru ist ein wahrer Mischmasch der Kulturen und kann stolz auf eine 20.000jährige Geschichte verweisen.
Nein, ich sage Ihnen frank und frei, was ich in Peru am Tollsten finde. Ich mache bei der häkelnden und offen babystillenden Umweltlobby keine Punkte gut, aber das ist mir schnurzpiepegal:
Das Schönste und Faszinierendste in Peru ist, dass es keine Pfandpflicht für Dosenbier gibt.
Als ich zum ersten Mal durch einen der unzähligen Supermärkte in Lima lief, bekam ich leuchtende und feuchte Augen. Ganze Kühlschrankregale voll mit Heineken, Brahma, Cuzquena oder Becks. Andächtig blieb ich stehen und überlegte mir, wie ein paar Tonnen dieser Köstlichkeit in mein Hotelzimmer geschmuggelt werden könnten. Auf einen Schlag wusste ich, diese verlängerte Reise in den Andenstaat wird alles, aber mitnichten ein Flop.
Nebenbei meldete sich irgendeine Hirnhälfte und stachelte mein Erinnerungsvermögen an: die unzähligen Reisen mit dem Auto auf dem Rücksitz, mit natürlich unzähligen Paletten Bier und unzähligen grünen Libanesen und schwarzen Afghanen. Mit Jimi Hendrix und Led Zeppelin aus einem scheppernden 55 DM-Autoradio. Mit Anja, Monika, Gundula, Susanne oder Jasmin - ebenfalls auf dem Rücksitz. Das unwiderstehliche Klacken und Zischen beim Öffnen. Der erste Schluck und der große langgezogene Seufzer danach. Das typische Scheppern und Knacken, wenn man dieses Aluminium-Teil in der Hand zerknüllte. Und zum Schluss: das Herunterdrehen des Autofensters und weg damit. Ach ja, und ganz zum Schluss: „Halt sofort an Alter, ich muss mal kotzen.“
So schwelgte ich in Erinnerungen, bis mich eine Verkäuferin weckte. Sie machte mich darauf aufmerksam, dass die Supermarktkette heute ein unwiderstehliches Promotionsangebot bereitgestellt hatte. Würde ich zwei Paletten Cusquena-Dosenbier kaufen, könnte ich eine dritte kleinere Palette gratis versaufen. Was machte ich? Ich kaufte vier Paletten und konnte somit zwei Kleinere mitnehmen. Ab ins Taxi und an der Hotelrezeption vorbei. Zum Glück befand sich im Zimmer ein Kühlschrank. Die Putzfrau konnte ich mit meinem unwiderstehlichen Charme und fünf Euro bestechen. Mein Einstand in Peru war mehr als geglückt. Ich ging tatkräftig mit viel Zuversicht meine neuen Aufgaben an.
Wie habe ich diese rot-grüne Bundesregierung gehasst, als am 1. Januar 2003 das dümmste und schlechteste Gesetz in Kraft trat, welches jemals von einer Regierung verabschiedet wurde. Was ist dagegen schon das Hotelsteuersenkungs-Tu-mir-einen-Gefallen-Gesetz?
Aber liebe FDP: wenn Du dieses Gesetz mit dem Pfand und der Dose wieder kippen solltest (damals in der Opposition warst Du dazu bereit, ja ja damals), verspreche ich Dir, mein ganzes Leben lang FDP zu wählen und alle meine Bekannten und Freunde davon zu überzeugen, dies auch zu tun. Ich würde für Dich sogar den Gefahrensucher spielen und am Kottbusser Tor Wahlwerbung verteilen!
Ein Fussballabend mit Chips, doch ohne Dosenbier, ist nur halb so schön. Meine Bekanntschaften sehen heute ohne Dosenbier auch nur noch halb so gut aus (ok, das liegt vielleicht daran, dass ich ein paar Jährchen älter geworden bin). Der erste Mai in Kreuzberg ohne Dosenbier, jedes Jahr ein emotionales Desaster. Und was soll nur der White-Trash in der Republik machen? Die Leute brauchen neben geringen Löhnen, von denen sie nicht mehr leben können, auch Spiele, nämlich ihr geliebtes Dosenbier.
Deshalb sage ich zum Abschluss: Peru – du hast es besser!
Meine Bekannten und Freunde fragen mich ab und zu, was mir denn in Peru am Besten gefällt. Nach einigen Wochen in dem Andenstaat brauche ich überhaupt nicht lange zu überlegen.
Sie werden jetzt sicherlich an die wirklich fantastische Landschaft denken. 80 Prozent aller Klimazonen der Welt sind in Peru vereinigt. Kein Land der Welt kann da mithalten. Oder das mit Abstand beste Essen auf dem ganzen Kontinent. Hier muss man ehrlich aufpassen, nicht zum peruanischen Ottfried Fischer zu werden. Auch die Vielfalt der Kulturen könnte man ohne mit der Wimper zu zucken anbringen. Peru ist ein wahrer Mischmasch der Kulturen und kann stolz auf eine 20.000jährige Geschichte verweisen.
Nein, ich sage Ihnen frank und frei, was ich in Peru am Tollsten finde. Ich mache bei der häkelnden und offen babystillenden Umweltlobby keine Punkte gut, aber das ist mir schnurzpiepegal:
Das Schönste und Faszinierendste in Peru ist, dass es keine Pfandpflicht für Dosenbier gibt.
Als ich zum ersten Mal durch einen der unzähligen Supermärkte in Lima lief, bekam ich leuchtende und feuchte Augen. Ganze Kühlschrankregale voll mit Heineken, Brahma, Cuzquena oder Becks. Andächtig blieb ich stehen und überlegte mir, wie ein paar Tonnen dieser Köstlichkeit in mein Hotelzimmer geschmuggelt werden könnten. Auf einen Schlag wusste ich, diese verlängerte Reise in den Andenstaat wird alles, aber mitnichten ein Flop.
Nebenbei meldete sich irgendeine Hirnhälfte und stachelte mein Erinnerungsvermögen an: die unzähligen Reisen mit dem Auto auf dem Rücksitz, mit natürlich unzähligen Paletten Bier und unzähligen grünen Libanesen und schwarzen Afghanen. Mit Jimi Hendrix und Led Zeppelin aus einem scheppernden 55 DM-Autoradio. Mit Anja, Monika, Gundula, Susanne oder Jasmin - ebenfalls auf dem Rücksitz. Das unwiderstehliche Klacken und Zischen beim Öffnen. Der erste Schluck und der große langgezogene Seufzer danach. Das typische Scheppern und Knacken, wenn man dieses Aluminium-Teil in der Hand zerknüllte. Und zum Schluss: das Herunterdrehen des Autofensters und weg damit. Ach ja, und ganz zum Schluss: „Halt sofort an Alter, ich muss mal kotzen.“
So schwelgte ich in Erinnerungen, bis mich eine Verkäuferin weckte. Sie machte mich darauf aufmerksam, dass die Supermarktkette heute ein unwiderstehliches Promotionsangebot bereitgestellt hatte. Würde ich zwei Paletten Cusquena-Dosenbier kaufen, könnte ich eine dritte kleinere Palette gratis versaufen. Was machte ich? Ich kaufte vier Paletten und konnte somit zwei Kleinere mitnehmen. Ab ins Taxi und an der Hotelrezeption vorbei. Zum Glück befand sich im Zimmer ein Kühlschrank. Die Putzfrau konnte ich mit meinem unwiderstehlichen Charme und fünf Euro bestechen. Mein Einstand in Peru war mehr als geglückt. Ich ging tatkräftig mit viel Zuversicht meine neuen Aufgaben an.
Wie habe ich diese rot-grüne Bundesregierung gehasst, als am 1. Januar 2003 das dümmste und schlechteste Gesetz in Kraft trat, welches jemals von einer Regierung verabschiedet wurde. Was ist dagegen schon das Hotelsteuersenkungs-Tu-mir
Aber liebe FDP: wenn Du dieses Gesetz mit dem Pfand und der Dose wieder kippen solltest (damals in der Opposition warst Du dazu bereit, ja ja damals), verspreche ich Dir, mein ganzes Leben lang FDP zu wählen und alle meine Bekannten und Freunde davon zu überzeugen, dies auch zu tun. Ich würde für Dich sogar den Gefahrensucher spielen und am Kottbusser Tor Wahlwerbung verteilen!
Ein Fussballabend mit Chips, doch ohne Dosenbier, ist nur halb so schön. Meine Bekanntschaften sehen heute ohne Dosenbier auch nur noch halb so gut aus (ok, das liegt vielleicht daran, dass ich ein paar Jährchen älter geworden bin). Der erste Mai in Kreuzberg ohne Dosenbier, jedes Jahr ein emotionales Desaster. Und was soll nur der White-Trash in der Republik machen? Die Leute brauchen neben geringen Löhnen, von denen sie nicht mehr leben können, auch Spiele, nämlich ihr geliebtes Dosenbier.
Deshalb sage ich zum Abschluss: Peru – du hast es besser!
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