Montag, 25. April 2011

Auswärtiges Amt und deutsche Außenpolitik bis 1989/90 - Teil 1

Ein Begriff umschreibt die 60-jährige, wechselvolle Geschichte des Auswärtigen Amtes und der deutschen Außenpolitik: Kontinuität. Konnte die deutsche Außenpolitik jedoch dem Wandel des Internationalen Systems der letzten zwanzig Jahre standhalten? Der erste Teil des Artikels befasst sich mit der Außenpolitik bis zum Ende des Ost-West-Konfliktes im Jahre 1989/90.

Im Januar 1870 ging das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten des damaligen Königreiches Preußen in das Auswärtige Amt des Norddeutschen Bundes über. Der Kanzler des Norddeutschen Bundes und nachfolgend des Deutschen Reiches, Fürst von Bismarck, machte mit der Namensgebung des Auswärtigen Amtes deutlich, dass es sich um ein dem Kanzler untergeordnetes Ministerium handelte. Möglicherweise ließ er sich von der Namensgebung in Großbritannien leiten. Auch dort hieß das Außenministerium nicht Foreign Ministry, sondern zur Verdeutlichung der hervorgehobenen Stellung des britischen Premierministers schlicht Foreign Office.

Bundeskanzler Konrad Adenauer (1949-1963) schien an der Benennung "Auswärtiges Amt" Gefallen gefunden zu haben. Adenauer, der bis zum Inkrafttreten des Deutschlandvertrages im Jahre 1955 die Ämter des Bundeskanzlers und des Ministers des Auswärtigen in Personunion innehatte (von Heinrich von Brentano als Außenminister abgelöst), wollte vermutlich ebenfalls die untergeordnete Bedeutung des Auswärtigen Amtes gegenüber dem Kanzleramt hervorheben.

Im Gegensatz zu den Jahren 1870 bis 1945 kann die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland seit 1951 auf eine stolze Erfolgsbilanz zurückblicken. Dabei spielten bis in die 60er Jahre hinein die Wiedererlangung der durch den Zweiten Weltkrieg verlorenen Souveränität und die Integration in die westliche Wertegemeinschaft die alles überragende Rolle. Trotz teilweise erbitterten Widerstandes der Opposition gelang es Adenauer, beide selbstgesteckten Ziele deutscher Außenpolitik zu erreichen. Der Deutschlandvertrag mit den drei westlichen Alliierten gab der Bundesrepublik Deutschland die erhoffte Souveränität (mit Ausnahme von Fragen, die Deutschland als Ganzes betrafen) und die daraus folgende staatliche Gleichberechtigung innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft zurück. Die Beitritte zum Europarat, in die NATO und die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vollendeten die Westintegration. Seitdem hat sich die Bundesrepublik Deutschland als verlässlicher Partner immer wieder beweisen können.

Schleichende Veränderungen der internationalen Lage (Status-quo-Politik Kennedys, Akzeptanz der bestehenden Grenzen Europas) zeigten in den 60er und 70er Jahren, dass es keinesfalls ausreichte, den Blickwinkel auf den Westen allein zu richten und gleichzeitig – wie unter Adenauer geschehen – eine Politik der Stärke gegen den Osten zu betreiben. Unter Bundeskanzler Willy Brandt (1969-1974) erreichte deutsche Außenpolitik einen weiteren Höhepunkt. Brandt verstand es unter Einbeziehung der Westmächte mit den östlichen Nachbarn der Bundesrepublik Deutschland (Sowjetunion, Polen, CSSR, DDR) ein Vertragspaket abzuschließen, welches de facto die Grenzen und den politischen Zustand Europas anerkannte ("Wir wollen den Status-quo verändern, indem wir ihn anerkennen"). Dieser Modus vivendi wurde dann 1975 durch die KSZE-Konferenz in Helsinki regional abgesichert. Ferner erlangte sie dadurch die Vollmitgliedschaft bei den Vereinten Nationen zusammen mit der damaligen DDR. Auch hier zeigte die Opposition erbitterten Widerstand. CDU/CSU beantragten 1972 die Durchführung eines konstruktiven Misstrauensvotums im Deutschen Bundestag gegen die Regierung Brandt/Scheel, das jedoch scheiterte.

Nach dem Vereinigungsprozess beider deutscher Staaten wissen wir, dass die Westintegration Adenauers und die Ostpolitik Brandts nichts weiter als zwei Seiten einer Medaille waren. Bundeskanzler Helmut Kohl (1982-1998) hatte dementsprechend die Ostpolitik bis 1989 in ihren Rahmenbedingungen weitergeführt. Man konnte auch erkennen, dass die Politik des Ausgleichs unter dem Dach der Westintegration eine Voraussetzung von Kohls Vereinigungspolitik war. Ohne das zuvor erworbene Vertrauen wäre mit dem Zusammenbruch der realsozialistischen Regime die innere wie äußere Einheit Deutschlands wohl kaum so reibungslos und schnell zustande gekommen.

Deutsche Außenpolitik lässt sich somit mit einem Begriff umschreiben: Kontinuität. Dies betraf sowohl die Westpolitik wie auch die Ostpolitik. Deutsche Außenpolitik war bis 1989/90 eine vorsichtige, berechenbare, den internationalen Rahmenbedingungen entsprechende Politik der guten Nachbarschaft und des Multilateralismus, wobei ihr durch die internationalen vertraglichen Bestimmungen der Nachkriegszeit und das Gebot des Grundgesetzes enge Grenzen (keine Auslandseinsätze außerhalb des Bündnisgebietes) gesetzt wurden.

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